Veröffentlicht: Dezember 2019
Robotic Process Automation (RPA) liegt im Trend, sowohl die Zahl der Bots als auch Einsatzmöglichkeiten steigen stark an. RPA kann typischerweise überall dort zum Einsatz kommen, wo es zahlreich wiederkehrende Prozesse gibt, die definierten Regeln unterliegen. Die Bots agieren dabei wie virtuelle Mitarbeiter und arbeiten die Prozesse über die Frontends der jeweiligen Anwendung ab.
RPA kann alternativ auch zur Systemintegration verwendet werden. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn bereits eine bestehende RPA-Plattform zur Prozessautomation im Unternehmen im Einsatz ist. Die Bots übernehmen dabei die Rolle von APIs zum Lesen oder Schreiben von Daten in den unterschiedlichsten Backendsystemen. So lassen sich auch Anwendungen umsetzen oder Prozesse digitalisieren, die bislang an nicht verfügbaren oder nicht geeigneten APIs der zu integrierenden Systeme gescheitert sind.
Für den Bot spielt es dabei kaum eine Rolle, welche Systeme integriert werden. Mithilfe von Integration per RPA kann man somit die gleiche Produktivitätssteigerung erreichen, die über APIs möglich wäre, jedoch mit einem deutlich geringeren Einsatz von zeitlichen und technischen Ressourcen.
Im Folgenden stellen wir sechs Gründe dar, warum eine Systemintegration per RPA gegenüber der herkömmlichen Integration per API sinnvoll sein kann:
1. Native APIs oder Webservices sind nicht verfügbar
Werden für neue Anwendungen oder Digitalisierungsprojekte Daten aus einem oder mehreren Backendsystemen benötigt, die passenden APIs sind jedoch nicht verfügbar, bietet sich insbesondere dann der Einsatz von RPA zur Integration an, wenn eine RPA-Plattform bereits im Unternehmen im Einsatz ist und das zu integrierende Zielsystem bereits zur Prozessautomation durch RPA genutzt wird.
Die Bereitstellung der zusätzlich benötigten Daten lässt sich dann über einen weiteren Bot recht einfach und schnell bewerkstelligen, ohne dass Veränderungen an der IT-Architektur erforderlich sind.
Sollen mehrere Systeme über RPA integriert werden, kann es sinnvoll sein, die benötigten Daten zunächst über eine Datenbank zu aggregieren, um die bei RPA naturgemäß längeren Bearbeitungszeiten und Latenzen abzupuffern.
Klassische Backend-Integration über APIs
Backend-Integration mithilfe von RPA

Backend-Integration mithilfe von RPA zur Datenaggregation über ein DBMS

2. Lizenzrechtliche Restriktionen von APIs
Bei Standardsoftware großer Hersteller wird für die Nutzung von APIs oftmals eine signifikante Lizenzgebühr fällig. Werden nur wenige Abfragen über diese APIs benötigt oder passt das Lizenzmodell nicht zum Business-Case, kann dies ein K.-o.-Kriterium für die Nutzung darstellen. Auch können APIs an Mindest- oder Maximalmengen gekoppelt sein und so ggf. für sprungfixe Kosten sorgen. Mit dem Einsatz von Bots, die als User über die Frontends der Standardsoftware arbeiten, kann in vielen Fällen ein günstigeres Ergebnis erreicht werden. So kann mithilfe von Bots bis zu 50 Prozent geringere Kosten als bei der Lizenzierung von APIs erzielt werden.
3. Integration in Legacy-Systeme technisch nicht möglich
Viele Unternehmen setzen noch alte Backendsysteme (sog. Legacy-Systeme) ein, da ein Wechsel auf ein neues System einen unverhältnismäßig hohen Aufwand zur Folge hätte. Muss ein solches Legacy-System für eine andere Anwendung integriert werden, stehen die Unternehmen vor dem Problem, dass die Integration einer API schlicht und ergreifend technisch nicht möglich ist. Nicht selten existieren die Hersteller dieses Systems nicht mehr oder die Unternehmen haben keinen Zugang zum Quellcode der Software, was die Integration einer API unmöglich macht. Die Hemmschwelle der Programmierer zur Adaption eines Legacy-Systems ist sehr hoch, da man kaum absehen kann, welche Folgen die Integration einer API hätte. Die Integration über einen Bot kann in solchen Fällen jedoch ohne jegliches Risiko durchgeführt werden, verfügt das Legacy-System über ein Frontend.
4. Engpässe in der Umsetzung, durch mangelnde Verfügbarkeit von IT-Ressourcen
Die Entwicklung und Integration einer individuellen API ist in der Regel mit hohem Aufwand verbunden, der durch die interne IT-Abteilung zu erbringen ist. Vielfach sind die Ressourcen jedoch über Monate hinaus verplant oder die Umsetzung kann erst zu einem späten Release-Termin zugesagt werden. Kann die IT-Abteilung die benötigte Anzahl an Personentagen nicht zeitnah zur Verfügung stellen, hat dies häufig zur Folge, dass die benötigte Integration zugunsten anderer Prioritäten verschoben wird oder am Ende gar nicht stattfindet
5. RPA bietet Kostenvorteile
Anstelle der Ablösung von Systemen oder einer Migration auf neue Systeme kann der Einsatz von RPA zur Integration eine interessante wirtschaftliche Alternative darstellen, um Legacy-Systeme auch in neue Projektvorhaben oder Digitalisierungsprojekte einbinden zu können. Auch kann im direkten Vergleich die Entwicklung eines Bots deutlich günstiger sein als die Entwicklung einer nativen API.
6. Reduzierte Time-to-Market durch schnelle Bereitstellung eines RPA-Bots
Da in vielen Projekten Time-to-Market ein wesentlicher Erfolgsfaktor darstellt, kann der Einsatz von RPA zur Systemintegration helfen, dieses Ziel zu erreichen. Bots können oftmals von anderen Ressourcen entwickelt werden als native APIs, so dass bestehende Ressourcenengpässe damit umschifft werden können. Auch ist die Bereitstellung eines neuen Bots auf einer vorhandenen RPA-Plattform i.d.R. sehr schnell möglich, während neue APIs zunächst verschiedene Entwicklungs- und Testzyklen durchlaufen und dann auf verschiedenen Umgebungen (Integration, QA, Prod) deployt und betrieben werden müssen.